Anfänge des Christentums in Polen, Teil 3
Zu Ende des 13. Jahrhunderts wurde die Christianisierung der
polnischen Länder vollendet und Polen wurde zu einem Land mit einem
einheitlichen Bekenntnis. Die Zahl der Pfarreien in den polnischen Ländern, in
den Grenzen dieser Zeit (also einschließlich Schlesiens, Pommerns und Preußens,
aber ohne Litauen und der Ukraine), verdoppelte sich. Im Jahr 1300 gab es 3000
Pfarreien und zu Beginn des 16. Jahrhunderts
-schon 6000. Im Laufe der nächsten Jahrhunderte änderte sich die Anzahl
der Pfarreien nicht mehr.
Die polnischen Pfarreien zeichneten sich durch ihre Größe aus, sie
umfassten oft sogar einige Dutzend Dörfer. Eine völlig andere Situation als in
Westeuropa, wo fast jedes Dorf seine eigene Pfarrei hatte. Dies war ein Modell,
das auch die orthodoxe Kirche im Osten als Ideal ansah.
Doch in Polen waren, abgesehen von den Städten, die Pfarreien
ziemlich ausgedehnt. Deshalb existierte der Brauch, dass jede Familie einen
Repräsentanten zur Messe schickte, der sich oft schon einen Tag vorher auf die
Reise zu dem Ort machte, an dem sich eine Kirche befand. Nur in wirtschaftlich
besser entwickelten Gebieten waren die Pfarreien (oft dank der deutschen
Siedler) kleiner.
Die Entwicklung der Kirche in Polen trug zum Bau und zum Umbau
vieler Kirchen im gotischen Stil bei. In diesem Zeitraum entstanden große und
reich geschmückte Kirchen, wie z.B. die St. Marienkirche und die
Wawel-Kathedrale in Krakau, die St. Marienkirche in Danzig und die Kathedralen
in Posen, Gnesen und Breslau.
Die polnisch-litauische Union
Litauen war einst ein mächtiges Fürstentum und die Litauer die
letzten Heiden in Europa. In den litauischen Ländern gab es stellenweise viele
Christianisierungsversuche, sowohl katholische als auch orthodoxe (aus
Russland), aber zu dieser Zeit erfolglos.
Im Jahr 1385 kam es zur polnisch-litauischen Union und im März 1886
wurde der litauische Fürst Władysław Jagiełło in Krakau zum polnischen König
gekrönt. Bedingung war allerdings seine Taufe, die er ohne Zögern vollziehen
ließ.
Jagiełło kehrte nach Litauen zurück, um mit der Christianisierung
zu beginnen. Er beschäftigte sich sogar persönlich mit der Übersetzung des
„Vater unser” und des „Credos” in die litauische Sprache.
Die Christianisierung Litauens lief ähnlich ab wie in Polen (im 10.
und 11. Jahrhundert): Eine Gruppe Geistlicher führte einen kurzen
Katechismusunterricht durch, danach folgten Massentaufen im lokalen Fluss. Die
Litauer unterwarfen sich ohne Widerstand der Taufe, obwohl sie sich früher lang
und stark der Christianisierung durch den Deutschen Orden widersetzt hatten,
der mit Feuer und Schwert die Litauer zum christlichen Glauben zwingen wollte.
Im Jahre 1387 wurde die Diözese Vilna, die Gnesen unterstand,
gegründet. Durch sie hatte der polnische Primas Einfluss auf die
Christianisierung und den Ausbau einer Kirchenstruktur in Litauen. Ähnlich wie
in Polen bewirkte diese Art der Christianisierung nur eine sehr oberflächliche
persönliche Überzeugung der Menschen. Es überrascht deshalb nicht, dass sich
heidnische Praktiken und Mentalität noch sehr lange hielten.
Außerdem hatten die Russen einen großen Einfluss auf Litauen. Die
Litauer zogen die orthodoxen Russen oft den katholischen Polen vor.
Auf dem Gebiet des litauisch-polnischen Staates wurde die Mehrzahl
der Einwohner katholisch, aber viele waren auch russisch-orthodox, Armenier
oder muslimische Tataren.
Auch strömten immer mehr jüdische Flüchtlinge -durch die Kreuzzüge-
aus Westeuropa zu. Die Kreuzzüge trugen zum Wachstum des Antisemitismus und
Progromen an Juden bei. Im 15. Jahrhundert wurde das polnisch-litauische Land
zum größten Sammlungsort für Juden in Europa.
König Władysław Jagiełło, der zur Christianisierung Litauens und
russischer Gebiete beitrug, gewann das Wohlwollen Roms. Der Papst ernannte ihn
zum päpstlichen Generalvikar für die polnischen und russischen Länder. Der
Cousin Jagiełłos -Witold- wurde zum Vikar Litauens.
Trotz allem existierten weiter gewissen Spannungen zwischen dem
König und dem Papst.
Jagiełło wünschte sich die Situation, wie sie unter König Kazimierz
dem Großen exisitierte, fortzusetzen, nämlich die friedliche Coexistenz der
katholischen und der orthodoxen Kirche. Der Papst dagegen strebte danach, sich
die Orthodoxen zu unterstellen, was aus verständlichen Gründen viele Spannungen
in den russichen Ländern hevorrief. Jagiełło tat praktisch nicht viel, um das
Bestreben des Papstes zu unterstützen.
Ein Teil des nordrussischen Gebietes (jetzt Weißrussland), unterstand
der Diözese Vilna. Und der südliche Teil, den schon der König Kazimierz der
Große an Polen angegliedert hatte (jetzt Ukraine), gehörte der Diözese Kiew an.
Diese Diözese hat -bis in die Gegenwart- Einfluss auf die Aufteilung zwischen
dem weißrussischen und dem ukrainischen Volk.
Der Deutsche Orden
Im Jahr 1198, während der Kreuzzüge,verlieh der Papst der schon
existierenden Bruderschaft den Status des Ritterordens nach dem Muster des
Johanniter- und des Templerordens. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts kümmerten
sich die polnischen Herzöge um die Christianisierung Preußens, doch ohne
Erfolg. Preußen wurde zur Bedrohung für den polnischen Staat, deshalb bat der
König den Orden um Hilfe. In den Jahren 1230-1249 nahm der Orden das Gebiet
Preußens ein und gründete dort einen Kirchenstaat, der formell ein Teil des
Deutschen Reiches wurde. Die Ordensritter christianisierten und germanistierten
Preußen. Der Papst erhielt alle Länder, die sich in Besitz der Ordensritter
befanden oder durch diese eingenommen wurden, als Eigentum. Er gab dem Orden
alle Länder zum Besitz unter der Bedingung, dass sie sich nie einem anderen
ergeben.
Die Beziehungen zwischen dem polnischen König und dem Deutschen
Orden waren ungewöhnlich schwierig. Der Papst wollte den Orden vor einer
zu starken Überlegenheit von Seiten Jagiełłos schützen. Der Orden war
nach wie vor an den Gebieten im Norden (Pommern, Litauen) interessiert. Ab dem
Jahr 1308 beherrschte der Orden Pommern, während des kujawische Land polnisch
blieb. Der Kalischer Frieden (im Jahr 1343) brachte eine gewisse
Stabilisierung, aber danach ritten die Kreuzritter auch in das Kujawische Land
ein. Die polnisch-litauische Union wurde zu einer politischen Kraft in Europa,
mit der man zu rechnen hatte. Das zeigte u.a. die Schlacht von Grunwald,in der
die polnisch-litauische Armee den Deutschen Orden besiegte. Dadurch kam Pommern
zu Polen.
Im Westen präsentierte sich der Deutsche Orden als die Stütze des
Christentums im heidnischen Osten. Die Brüder betrieben im Westen Propaganda
gegen den König Jagiełło und gegen die polnisch-litauische Regierung. Sie
betonten dabei den Fakt, dass noch überall in diesen Ländern Heiden leben,
sowie, dass Freiheit für die Schismatiker bestehe. Auf dem Konzil zu Konstanz
drehte sich ein Gerichtsverfahren um das Thema eines satirischen Werkes, in dem
die Polen und ihr König Jagiełło als Heiden, Heretiker und „ungläubige Hunde”
bezeichnet wurden.
Für die westlichen Länder war es manchmal irreführend, dass Polen
forwährend seine nationale Identität betonte, wie getrennt vom Rest der
christlichen Welt, aber gleichzeitig beteuerte, dass es ein Teil der
lateinischen Kirche sei.
Das Hussitentum
Auf dem Konzil von Konstanz (1416) protestierte die polnische
Deligation gegen die Inhaftierung des Jan Hus. Das bewirkte, dass die Polen der
Symphatisierung mit den Heretikern beschuldigt wurden. Die Symphatie der Polen
mit den Hussitten rührte nicht nur aus theologischen Ansichten, sondern hatte
eher politische Ursachen. Die tschechischen Hussiten waren potentielle
Mitstreiter Jagiełłies gegen den Deutschen Orden. Jagiełły, der allerdings eine
Anklage wegen Förderung der tschechischen „Heretiker” fürchtete, was ihn in der
Auseinandersetzung mit dem Deutschen Orden stören könnte, erließ ein Edikt
gegen die Hussiten (Edikt Wieluński, Mai 1424). Eine Folge war die
Unterbrechung der Handesbeziehungen mit den Hussiten. Als allerdings die
Hussiten in Polen einfielen und bis Częstochowa vordrangen, unternahm Jagiełło
keine bewaffnete Intervention.
Abgesehen von dem Wieluńskieger Edikt erfreuten sich die Hussiten
in Polen einer gewissen Symphatie. Besonders der von den Hussiten
unterstrichene nationale Aspekt der Kirche, der sich gegen die zu hohe
Einmischung Roms richtete, sprach die Polen an. Für den Adel war das Hussitentum
ungemein attraktiv, u.a. deshalb, weil es das Ideal der armen Kirche
propagierte.
Der Adel sah darin die Chance, seinen Besitz über den Besitz der
Kirche zu vermehren. In diesem Zeitraum kam es oft zu Gerichtsverfahren, in
denen die Polen der Symphatie mit den Hussiten beschuldigt und auch dafür
bestraft wurden. Oder für hussitische Ansichten und Praktiken, wie z.B. die
Austeilung des Abendmahles in zweierlei Gestalt, verbreitet durch die
hussistischen Ideen und Literatur. Lange hielt sich der hussistische Einfluss
in Polen nicht und verschwand faktisch, als die Hussiten die Schlacht bei
Grotniki im Jahre 1439 verloren.
Das geistliche Leben im 14. und 15. Jahrhundert
Im Zeitraum des 13. Jahrhunderts entwickelte sich die Scholastik,
eigentlich eine Philosophie, die Glaube und Verstand in Einklang bringen
wollte. Die scholastische Methode beruhte auf der Lösung von Problemen mit
Hilfe rationaler Argumente „für und wider”. Das Ziel war das intelektuelle
Verstehen dessen, was man glaubt. Auf diese Weise wurde die Scholastik zur
theologischen Grundlage. Der bedeutenste Theologe dieser Zeit war Thomas von
Aquin.
Im 14. Jahrhundert standen jedoch immer mehr Theologen gegen das
(theoretische) scholastische Denken auf und unterstrichen die Notwendigkeit von
Glauben und Liebe. In diesem Kontext entstand und entwickelte sich der
Mystizismus, u.a. in den Klöstern, doch nicht nur dort. In den Niederlanden
entstand die Bewegung devotio moderna, was neue Frömmigkeit bedeutet. Es war eine
neue Frömmigkeit, besonders beliebt unter den Wohlhabenden und Bürgern. Sie
propagierte ein evangelistisches Leben in Armut und Dienst. Diese Bewegung
hatte auch großen Einfluss auf die Krakauer Akademie. Aus dem Kreis dieser
Bewegung kam Thomas von Kempis (1380-1471), dessen Werk „Über die Nachfolge
Christi” sehr berühmt wurde und wurde (und wird) -auch in Polen- für viele als
ein geistlicher Leitfaden gelesen.
Immer wichtiger wurde das persönliche geistliche Leben, was in
Gebeten außerhalb der Hauptmesse sowie neben den privaten Messen wirkte. In der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Meditation an den Stationen des
Kreuzweges sowie das Gebet mit Hilfe des
Rosenkranzes sehr beliebt.
Der Klerus, in der katholischen Theologie der Mittler zwischen Gott
und Menschen, fühlte sich von dieser Entwicklung bedroht und befürchtete, dass
seine Bedeutung schwinden könnte. Die Kirche fürchtete eine Geringschätzung von
Messe und Liturgie, die Gläubigen aber wollten selbstständig und privat beten
und ihre Frömmigkeit praktizieren. Es ist der Zeitraum, in dem überall in
Europa die Kritik am Papstsystem wuchs. Und auch der Zeitraum, in dem zur
Rückkehr zur Heiligen Schrift aufgerufen wurde. Beispiele dafür sind John
Wycliff und William Tyndale in England, sowie Jan Hus in Böhmen. Ihre Werke
gelangten auch nach Polen, wo sie mit Interesse gelesen wurden.
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